Rhines‘ Stage 7 und Dinge die ich (nicht) hören wollte…
Tja, da liegen sie nun, das neue „Flaggschiff“ von Felix (Rhines Customs aus Köln) .
Die Stage 7 oder vollständig „Rhines Custom Monitors Stage 7 CIEM“ gibt es erstmals auch als „universal fit“ – also ohne individuelle Anpassung an das eigene Ohr – wenn auch nur in limitierter Auflage. Ich persönlich bevorzuge die Custom IEM Variante, aber ich weiß dass das nicht bei jedem so ist.
Rhines bewirbt den Stage 7 wie folgt:
Der STAGE 7 stellt den Gipfel der STAGE-Serie von rhines custom monitors dar. Mit seinen sieben Balanced Armature Treibern in vier Wege Technik deckt er die komplette Wahrheit einer jeden Aufnahme mit höchstmöglicher Transparenz auf. Dennoch bleibt der In-Ear Monitor dem typischen rhines-Klangbild treu und spielt unanstrengend und fesselnd, so dass neben den Tontechnikern auch Audiophile voll auf ihre Kosten kommen. Durch die absolute Neutralität des Klangbildes passt sich der Hörer jeder Musikrichtung an wie kein zweiter.
Eigentlich war ich auf der Suche nach IEM die „neutraler spielen“ als die Stage 5, aber nicht so 100% ehrlich und flach wie der UERM. Also Kopfhörer die Spaß machen, aber nicht unendlich von der Wahrheit abdriften – im Klartext: möglichst nahe am Referenz Monitor mit minimaler V-Shape, also leichter Anhebung von Bass und Höhen ohne dass die Mitte zu sehr in den Hintergrund tritt.
Als Abspielgeräte standen mir mein geliebter alter AK120, der FiiO X7 Mk2 mit AM3A Verstärker Modul, der AK240 und der IBasso DX200 (AM1) zur Verfügung.
Zum Vergleich die Stage 5, ProLive 2, UERM, JH Angie, JH Roxanne, UE 18 Pro.
Musikseitig habe ich mir eine Mischung aus Klassik, Jazz, Pop und „New Age“ rausgesucht, in der Regel alles „lossless“ als FLAC oder DSD/DXD.
Klang
Klanglich erinnerten mich die Stage 7 sofort an meine Inear Live Pro 2 / Stage Diver 2 (SD2) allerdings mit viel mir Klarheit und Präsenz der Höhen. Wenn ich die UERM für mich als „Referenz Monitor“ deklariere, dann muss ich sagen: die Stage 7 sind es nicht. Mehr Bass, mehr Höhen bei dynamischen Mitten. Also ein „recht“ neutraler Hörer mit leichter Bassanhebung und Betonung der Höhen. Bitte nicht über-interpretieren, die Stage 7 sind in keinster Weise ein echter V-Shape, aber besitzen doch einen „Hauch“ davon…
Bass
Ja er ist da. Präzise, fest, sauber. Dezent mehr als beim UERM aber sehr zurückhaltend. Auffallend zurückhaltend. Der Bass ist nur dann hörbar wenn er im Track auch vorhanden ist. Für einen „reference Monitor“ ist er meines Erachtens zu viel, für einen V-Shape zu wenig. Aber „zu wenig“ unterliegt ja immer dem persönlichen Geschmack und Gehör.
Tut man sich zwischendurch nach all der klassischen Musik und Jazz mal einen üblen Track von David Guetta als krassen Kontrast an, merkt man: Ja die Stage 7 können Bass. Auch hier: Die Stage 7 sind keine Bass-Maschine und wollen es ja auch nicht sein. Liebhaber von „Itz Itz Itz“ werden den Stage 7 wohl eher als „langweilig und flach“ bezeichnen.
Höhen
Sehr präsent, klar, deutlich, mir leider ab und zu zu beißend und spitz, so dass ich manchmal gezwungen bin den Pegel zu verringern. Interessanter Weise habe ich das Gefühl, dass es nur einen bestimmten Frequenzbereich betrifft -> Peak. Ist aber nicht bei allen Tracks so, der Peak muss schon getroffen werden. Insgesamt empfinde ich die Höhen als leicht dominant.
Mitten
Ausgewogen, treten nicht so sehr in den Hintergrund wie die des Stage 5, hier bin ich am ehesten geneigt von „Referenz“ zu sprechen. Gesang kling klar, leicht zentriert aber mit großer Bühne. Genau mein Geschmack.
Ehrlichkeit
Mein Sokrates hat mal zu mir gesagt: „Klarheit im Leben begehren wir, aber bezahlen müssen wir sie“ . Freilich hat er dabei nicht an Kopfhörer oder IEM gedacht, aber genau bei den Stage 7 bewahrheitet sich dieses. Die Stage 7 sind extrem „klar“ , offen und knallhart ehrlich. Kein Manko der Aufnahme wird verdeckt oder überspielt. Keins. Punkt. Jeder „Fehler“ ist hörbar und wird auf dem Silbertablett präsentiert. Ich habe sogar zwei Aufnahmen gefunden die ich persönlich als „unertragbar“ definieren würde. Hat der Sänger da gerade echt die Schnütte hochgezogen? Hat da wer im Orchester gequasselt während der Aufnahme? Hat der Tontechniker gerade wirklich mitten im Stück die Einstellungen geändert? Der Pianist könnte das Pedal auch ein wenig sanfter treten und Fingernägel könnte er auch mal kürzen :-).
Auch: wer bisher keinen Unterschied zwischen lossy MP3 und lossless DSD hören konnte, WIRD es mit den Stage 7 hören. Oder der Hörer hat eine Vorstufe von Taubheit. Selbst die UERM schaffen meines Erachtens nur 98% der Ehrlichkeit der Stage 7.
Kommen wir zum Preis den man für die Ehrlichkeit zu zahlen hat: möchte man das alles hören erkennen und spüren? Wo die Stage 5 auch unerträgliche Stücke aufpolieren und annehmbar machen verzeihen die Stage 7 nichts. Klassik in DSD geben Sie für mein Gehör perfekt wieder, nur wenn die Streicher besagte hohe Frequenz erreichen tut es weh. MIR weh. 2db weniger und alles ist Gut. Die Stage 5 sind nicht undetailliert, aber das was die Stage 7 präsentieren ist eine andere Liga.
Es macht ausgesprochen Spaß so viele Details zu hören, ein Erlebnis das ich gerne teilen möchte – doch unterliegt es ja immer der Subjektivität des Hörenden. Aber wer Transparenz und Klarheit mag ist hier am Ziel.
Dynamik
Betrieben mit dem FiiO X7 Mk2, der ja eher analytisch klingt als warm, ergibt sich für die Stage 7 auch eher ein analytisches Bild. Mit dem AK120, der wegen der höheren Ausgangsimpedanz eh das Klangbild der Stage 7 leicht verändern dürfte, klingt es schon etwas wärmer und intimer . Zwischen X7 und DX200 mit AM1 höre ich kaum Unterschiede, vielleicht ist der DX200 minimal wärmer und weniger analytisch. Aber bei einem anderen Track höre ich praktisch keinen Unterschied.
Die Stage 7 präsentieren eine weite Bühne, Positionen der Instrumente sind sehr gut lokalisierbar, Gesang ist minimal distanziert und sehr ausgeglichen. Wer eine intimere Sound-Stage bevorzugt wird mit dem Stage 7 nicht glücklich werden. Manche Stücke wirken sogar sehr auseinander gezogen und malen eher das Bild eines Konzertsaals als von Kammermusik – das muss man schon mögen. Ich mag es :-). Bei einem Streicherkonzert ist es perfekt. Schlecht abgemischter POP ist eine Zumutung . Betreibt man die Stage 7 am Balanced Ausgang des DAP, wie dem X7 MK2 mit AM3, wird die Bühne noch größer.
Herstellersupport
Wer mich kennt weiß, ich „stehe“ auf guten Support. Was ist für mich ein guter Support bei IEMs? Als aller erstes erst mal ein freundlicher Kontakt am Telefon der mir weiterhilft. Dann natürlich die Lieferzeiten, Termintreue, Hilfe bei Fragen & Beratung etc. Bei Rhines wurde ich immer sehr freundlich behandelt, man hat immer versucht meine diversen Kleinigkeiten zu „lösen“ und mir zu helfen, allerdings wurde auch gerne mal was vergessen, Rückrufe blieben aus, es wurde „vergessen“ etwas zu versenden etc. Grundsätzlich mag ich Felix aber in den Abläufen ist nicht immer alles so reibungslos wie bei anderen Herstellern. Aber nichts von so gewichtigem Grund dass ich von einem Kauf abraten würde. „Man“ braucht einfach etwas Zeit, Geduld und Ruhe 🙂
Fazit Stage 7
Die Stage 7 sind erstklassige Kopfhörer. Punkt.
Gewohnt perfekt verarbeitet, mit einer Klarheit die man selten findet. Aufgrund der niedrigen Impedanz fühlen sie sich an DAPs wie dem X7 Mark 2 oder IBasso DX200 sehr wohl. Beim alten AK120, der 3 Ohm Ausgangsimpedanz hat, wirkt das Klangbild leicht verändert, aber nur minimal – am AK240 ist alles wieder gut.
Aber so richtig weiß ich nicht, wo ich die Stage 7 „hinstecken“ soll. Sie sind nicht wirklich Referenz wie die (alten) UERM, aber auch kein V-Shape , die Höhen sind für meinen Geschmack etwas überbetont, ansonsten sind sie „verdammt nah dran“ an neutral.
Ich kenne aber auch kaum jemanden der gerne zur Entspannung Musik mit einem Reference Monitor hört – klingt alles doch sehr analytisch und steril. Da wo mir die Stage 5 zu viel Bassbetonung haben, ist es mir bei den Stage 7 zu wenig. Die Höhen sind mir minimal zu überbetont, dafür natürlich sehr schön klar und präzise. Aber das ist mein ganz persönlicher
Geschmack.
Ich gebe den Stage 7 für den Klang ** 9.1 von 10 ** – Punkten, Punkteabzug gibt es nur für „ich möchte Referenz sein – bin es aber nicht ganz“ und die leicht überbetonten Höhen mit dem Peak. Denn wir dürfen nicht vergessen: Bestimmt bieten die Stage 7 genau das, was von vielen gesucht wird: Fast Referenz mit „etwas mehr Bass und Höhen – ohne zu übertreiben“. Und das können die Stage 7 ausgesprochen gut.
Technische Daten:
Treiber: | 7 BA-Präzisionstreiber |
Wege: | 4-Wege Technik |
Geräuschisolierung: | bis zu 26dB |
Anschluss: | vergoldeter 3,5mm-Klinkenanschluss |
Frequenzabdeckung: | 10Hz-20kHz |
Empfindlichkeit: | 118dB bei 1mW |
Impedanz: | 21 Ohm |
Disclaimer:
Die Kopfhörer wurden mir unentgeltlich von Rhines zur Verfügung gestellt und gingen nach dem Test zurück. Einen herzlichsten Dank an Felix und sein Team
One Response
Hi Tobias,
schöne Kopfhörer Reviews schreibst du 🙂
Ich suche zur Zeit einen TotL CIEM als Ablösung für meinen Stagediver 2, den du ja auch hast/gehabt hast. In der näheren Auswahl sind CA Fibae 7 und Harmony 8.2, Rhines Stage 7, VE6x2 und VE8. Die letzten drei hast du ja hier auch vorgestellt.
Im Optimalfall ist der neue Hörer ein technisch besserer SD2, weil der mir wirklich extrem gut gefällt (1-2 dB mehr Pegel unter 120 Hz dürfte er haben, mehr aber nicht). Hab bspw. auch schon den Prophile 8 gehört, der technisch zwar erste Sahne ist, bei dem ich aber etwas die Wärme in den Mitten vermisse. Mein Audeze LCD 2 classic macht das auch sehr gut.
Mitten sind auch das größte Thema eigentlich. Sobald die auch nur geringfügig in den Hintergrund treten, kommt bei mir keine Freude mehr auf. Den SD4 mag ich deshalb zum Beispiel gar nicht.
Hast du vielleicht noch einen Tipp, welchen Hörer ich mir noch anhören sollte? Würdest du (den SD2 kennend) von den oben genannten irgendwelche ausschließen?
Du schreibst zB, dass dich der Stage 7 sofort an den SD2 erinnert hat, nur mit mehr Hochtonenergie. Könntest du auf den Vergleich nochmal genauer eingehen?
Danke und viele Grüße
Gunnar