Vision Ears VE6 X1 / X2 Review
Der 6-Treiber IEM VE6 X-Control aus dem Hause Vision Ears erreichte mich pünktlich zu Weihnachten; Herzlichen Dank an Sebastian für die tolle Unterstützung. Zusammen mit den VE8 hatte ich nun 2 Wochen Zeit die beiden VE Vertreter in „Ruhe“ gegen mein Arsenal antreten zu lassen. Und vorweg: Sie machen Ihre „Sache“ verdammt gut.
Prolog Vision Ears VE6
Was Vision Ears zu den VE6 sagt:
Der VE6 überzeugt mit überragenden Eigenschaften in Sachen Auflösung, Natürlichkeit, räumlicher Abbildung und Ansprache.
Extrem offenes Stereobild und überwältigend räumliche Darstellung
Herausragende Klarheit und Natürlichkeit aller Details
Klare Basswiedergabe schon bei niedrigen PegelnX1
- Kräftigere Abstimmung
- Geschmackvolle Anhebungen im Bass und den oberen Mitten
- Super Ansprache und Punch, ohne starke Überbetonungen
X2
- Neutral – im allerbesten Sinne des Wortes
- Überragende Detailtreue über den gesamten Frequenzbereich
- Kurz gesagt: Die Referenz
Als Abspielgeräte standen mir mein AK120, der FiiO X7 Mk2 mit AM3A Verstärker Modul, der AK240, AK380 und der IBasso DX200 (AM1) zur Verfügung. Zum direkten Vergleich die Stage 5, ProLive 2, UERM, JH Angie, JH Roxanne, UE 18 Pro und die VE8.
Die Musikauswahl beschränkt sich auf Lossless codierte Inhalte als FLAC, DSD oder DXD um Kompressionsverlußte auszuschließen.
Vision Ears VE6
Die Vision Ears VE6 X-Control verfügen über einen kleinen Dip-Schalter in der Faceplate mit der zwischen der X2 Abstimmung „neutral“ (Schalter nach oben) und X1 – „leicht V-Shape“ gewechselt werden kann. Dadurch kann der Klang der beiden unterschiedlichen Abstimmungen direkt während der Wiedergabe verglichen werden, was für einen Review immer vorteilhaft ist.
Klangeindruck Vision Ears VE6
Bass
Die VE6 X2 haben eine leichte Bassanhebung, mit sanftem Übergang in den Mitteltonbereich. Der Bass ist sauber, nicht zu hart und nicht zu weich. Er ist in keiner Weise über-präsent, aber auch nicht zurückhaltend. Generell würde ich den Basseindruck als „neutraler“ (X2) bezeichnen, ohne sich so sehr zurückzunehmen wie die Stage 7.
In der X1 Schaltung gewinnt der Bass gehörte + 5 dB und bringt mehr Wärme in das Bukett, leider für mich auch eine leichte Übertreibung der Räumlichkeit der an Hall erinnert. Der Bass wirkt dann eher weich und undefiniert.
Mir persönlich fehlt es in der X2 minimal an Bass für eine musikalische Abstimmung, in der X1 ist es zu viel, gebe hier aber für meinen persönlichen Geschmack der X2 in allen Punkten den Vorzug.
Verglichen mit den Stage 7 von Rhines haben die VE6 in X2 „mehr Bass“ der auch bei geringeren Pegeln früh einsetzt aber bei Weitem nicht so viel wie die VE8.
Mitten
So da sind wir, dass was der VE6 so richtig gut kann. Die Mitten sind präzise, extrem klar und trotzdem weich, für Gesang und Klavier wie geschaffen, ich habe das erste mal an den Mitten nicht viel auszusetzen, und ich bin da wirklich kritisch. Sie treten nicht vor Bass und Höhen zurück bzw. in der X1 Variante nur leicht, neigen aber manchmal in den unteren Hochton zu driften – aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.
Höhen
Präzise, klar und differenziert, nicht anstrengend und kein spürbarer Peak. Ich mag die Höhen der X2 sehr, in der X1 sind sie mir leicht zu überbetont. Die Höhen schaffen eine beeindruckende Transparenz, sind aber auch sehr sensibel bezüglich der Quelle, da schleicht sich schnell ein Zischen und Rauschen ein, wenn es dem Wiedergabegerät oder der Aufnahme an Qualität mangelt.
Vision Ears VE 6 X1 oder X2?
Beide Klangsignaturen verfügen über eine sehr differenzierte Wiedergabe mit einem weiten Stereobild, einem hohen Maß an Details mit weitestgehend sanften Höhen. Die neutralere X2 Abstimmung nehme ich als Basis meiner Betrachtungen und sehe die X1 eher als „AddOn“. Für mich wirkt es eher so als wären die VE6 für die X2 gebaut und die X1 Abstimmung nachträglich hinzugefügt worden . Ja, die X1 macht genau dass, was VE beschreibt: Sie hebt den Bassbereich und die Höhen (leicht) an – aber es wirkt für mich manchmal „aufgesetzt“ und irgendwie „dran geklatscht“ (X1). Harte Worte. Ich weiß. Aber die VE 8 machen das einfach deutlich besser – aber dazu mehr in einem anderen Beitrag … Letztlich muss das jeder für sich selbst entscheiden, qualitativ leistet sowohl die X1 als auch die X2 Abstimmung gutes.
Musikeeindruck Vision Ears VE6
Ich habe bisher noch keinen ändern Kopfhörer gehört, der es schafft Melody Gardot’s „The Rain“ dermaßen „perfekt“ zu präsentieren. Trotz der etwas „analytischen“ Abstimmung der X2 Konfiguration ist hier alles so intim wie es sein sollte, die Stimmen-Wiedergabe ist einfach atemberaubend , die Höhen perfekt, der Bass genau so präsent wie „richtig“ . Überhaupt scheinen die VE6 X2 wie für Melody Gardot gebaut zu sein. Irre.
Bei Mary Chapin Carpenter dagegen neigen die VE6 X2 etwas dazu die Stimme tonal in die unteren Höhen zu „zerren“. In der X1 Abstimmung klingt Sie dagegen etwas natürlicher und wärmer.
Rachel Podgers aufregende Inszenierung von Vivaldi’s „La Stravaganza“ ist in X2 extrem detailreich, differenziert und „klar“ ohne dem Cello die Wärme zu nehmen.
Dem Meisterstück „Quiet Winter Night“ von Gunnar Hoff / Hoff Ensemble geben die VE6 X2 eine herrliche Räumlichkeit mit differenzierter Wiedergabe aller Instrumente, neigen aber auch hier manchmal geringfügig zu Übertreibung in den Höhen.
Was die VE6 X2 aber beherrschen wie kein anderer: Die absolut saubere Wiedergabe von Klaviermusik. Yiruma’s „Blind Film“ ist fest, sauber, nichts klirrt, kein Anschlag verschwimmt oder verliert sich im oberen Bassbereich. Das Lob geht hier eindeutig an die Stärken der Mitten des VE6 X2. Emanuele Fasano’s „Non so come Mai“ ist ein wahrer Genuss, „Una Martina“ von Ludovico Einaudi ist extrem sauber und klar – schade das viele Kopfhörer so ein Problem mit der Präsentation der Mitten für Klaviermusik haben – die VE6 X2 haben es definitiv nicht – es klingt so als hätten sie nie etwas anderes wieder gegeben und wären exakt dafür geschaffen worden.
Wer also IEM sucht um vorwiegend Klaviermusik zu genießen: Die VE6 X2 sind darin besser als alles von mir zuvor gehörte, dicht gefolgt von den UERM.
Die VE6 zeigen ein offenes Stereobild mit überwältigender räumlicher Darstellung, eher analytisch als warm. Wer also eine wärmere Präsentation bevorzugt sollte ggf. eher mal zum VE8 schielen.
Musikstücke ohne viel Dynamik (Stichwort Loudness War), wie dem leider heute oft vertretenden (schlechten) POP-Fastfood, „zerlegen“ die VE6 X2 Stücke oft dermaßen, dass es keine Freude mehr ist zuzuhören. Musik die von einem starken Bass lebt (und ohne diesen gnadenlos untergeht) wird dem Hörer mit dem X2 nicht „genügen“. Die VE6 sind keine Bassmaschine. Punkt. Auch in der X1 Variante nicht – auch wenn diese schlechten POP deutlich erträglicher macht und aufregender spielt.
Schlechte Aufnahmen mit Rauschen oder Fehlern deckt der VE6 sofort auf, es wird einem aber nicht so deutlich auf dem Silbertablett serviert wie beim Stage 7, dafür erreicht der VE6 auch nicht ganz die Klarheit und Transparenz des Stage 7.
Verarbeitungsqualitat Vision Ears:
Da braucht man nicht lange zu diskutieren: Vision Ears sind verarbeitungstechnisch das Maß der Dinge. Wo sich bei anderen Herstellern mal kleine Blasen in der Shell verstecken, ist hier alles perfekt verarbeitet. Auch der Übergang von Gehäuse zur Faceplate ist absolut sauber gearbeitet. VE gibt seinen Demos eine transparente Shell mit – auch drinnen ist alles sauber verarbeitet – Jedes Käbelchen nur so lang wie nötig. Hier gibt es von mir 9.8 von 10 Punkten. Mal schauen ob VE auch bei den Customs das Niveau hält…
Leistung für’s Geld
Die VE6 sind ab 1530 € bzw 1930€ in der X-Control Variante zu bekommen, Designwünsche schlagen extra zu Buche, so dass die Marke von 2000 Euro schnell überschritten ist. Das ist schon ein ordentliches „Ding“. Generell hat sich der Preis für CIEM in den letzten Jahren aber sowieso nach oben frei geöffnet, so dass Vision Ears damit nicht alleine steht. Trotzdem empfinde ich den Preis als etwas übertrieben, denn gute Qualität und “ viele BA-Treiber“ können auch andere. Ob die 400 Euro Aufpreis für die X-Control Variante gerechtfertig sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Da mir persönlich die neutralere X2 deutlich besser gefällt, würde ich bei 1700 Euro enden. Dafür gibt es bei Rhines auch den Stage 7, bei JH diverse Modelle, ebenfalls auch bei UE. Der ProPhile 8 von Inear mit 8 Treibern und ebenfalls Schaltern zur Veränderung der Klangsignatur, liegt bei „nur“ 1298 €.
Was erhält man also für so viel Geld?
Eine herausragende Verarbeitung, ordentliches Zubehör (mit leider Standard-Kabel) und viel Liebe für Details. Die Wiedergabequalität ist ebenfalls ohne Makel. Persönlicher Geschmack unberücksichtigt.
Fazit Vision Ears VE6 X-Control
Wer „relativ“ neutrale Hörer mit leichter Bassanhebung und Betonung der Höhen sucht, wird beim Vision Ears VE6 X2 fündig. Liebhaber von Klaviermusik werden die VE6 genauso lieben wie Audiophile, die Vocals bevorzugen. Die Musikwiedergabe ist tadellos und gibt sich keine Blöße. Bassliebhabern wird allerdings etwas fehlen, ggf. auch in der X1 Konfiguration.
Wem die Basswiedergabe beim Stage 7 zu „wenig“ ist – findet beim VE6 X2 „minimal“ mehr , zu dem setzt der Bass auch bei niedrigem Pegel früh ein.
Die Vision Ears VE6′ sind sehr gelungene Custom-Monitore. Der X2 besticht vor allem mit seiner sorgfältigen neutraleren Abstimmung, die klar und sehr natürlich klingt. Die 6 BA Treiber liefern hervorragende klangliche Qualität, spielen eher analytisch als warm. Die VE6 sind empfindliche Kopfhörer die eine gute Audioquelle benötigen, mit niedriger Impedanz und geringem Rauschen – sonst wird es sofort hörbar. Zu erwerben ist der VE6 ausschließlich als Custom In Ear, was perfekten Sitz und Isolation garantiert.
Vision Ears – well done!
Technische Daten
- Vier-Wege-System mit 6 Treibern
- Treiber: 2 x Bass – 2 x Mitten – 1 x Hochmitten – 1 x Höhen
- Empfindlichkeit: 122 dB SPL bei 1 mW
- Impedanz : 20 Ohm (bei 1 kHz)
- Schalter zum Umschalten zwischen den Abstimmungen „VE6 X1“ und „VE6 X2“
Disclaimer: Die Kopfhörer wurden mir unentgeltlich von Vision Ears zur Verfügung gestellt und gingen nach dem Test zurück. Einen herzlichsten Dank auch an Sebastian und das ganze VE Team.